Sozialer Wohnungsbau hat ein Imageproblem. Oft wird er gleichgesetzt mit grauen Fassaden, monotonen Siedlungen und der Frage: Muss das so aussehen? Die Antwort lautet: Nein. Denn wer sagt, dass bezahlbarer Wohnraum keine Qualität haben darf? Oder dass ein knappes Budget automatisch schlechte Architektur bedeutet?
Die Wahrheit ist: Auch der soziale Wohnungsbau kann individuell, identitätsstiftend und architektonisch hochwertig sein.
Was es dafür braucht? Eine Haltung, die Gestaltung als Teil der sozialen Verantwortung versteht – und Architekten, die genau diese Haltung vertreten.
Wer wohnt eigentlich im sozialen Wohnungsbau?
Ein weit verbreiteter Irrtum ist, dass dieser Wohnraum „nur für wenige“ gedacht sei. In Wirklichkeit umfasst die Zielgruppe einen großen Teil unserer Gesellschaft:
- Rentner*innen mit niedriger gesetzlicher Rente (über 90 % liegen unter der WBS-Einkommensgrenze)
- Alleinerziehende
- Studierende
- Familien mit mittlerem oder geringem Einkommen
- Menschen in Ausbildung
In Städten wie Berlin oder Hamburg erfüllen rund 50 % der Bevölkerung die Voraussetzungen für einen Wohnberechtigungsschein (WBS). Der Bedarf ist also enorm – und er wächst.
Sozial bauen – ohne sozialen Standard-Look
Die Herausforderung liegt darin, wirtschaftlich zu bauen, ohne auf gute Gestaltung zu verzichten. Es braucht Grundrisse, die effizient funktionieren, aber trotzdem Raumqualität bieten. Es braucht einfache, aber wertige Materialien. Und vor allem: eine Architektur, die sich an der Umgebung orientiert – und nicht dagegen arbeitet.
Ein Beispiel dafür: Der Westerwälder Hof in Welschneudorf
Inmitten des alten Ortskerns wurde ein Gebäude revitalisiert, das einst eine zentrale Rolle für die Gemeinde spielte: ein traditionsreicher Gasthof mit Saal – ein Ort der Begegnung, der Geschichte, der Gemeinschaft. Nach seiner Schließung stand das Haus lange leer – bis ein neuer Gedanke entstand: Warum nicht etwas schaffen, das Vergangenheit und Zukunft verbindet?
Fries Architekten war hier von Beginn an beratend und planerisch tätig. Das Ergebnis:
- 26 barrierefreie Wohnungen im KfW 40 EE Standard, zugänglich und bezahlbar
- Ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) für die lokale Gesundheitsversorgung
- Eine erweiterte Bäckerei mit Café als sozialer Treffpunkt
- Ein architektonisches Konzept, das die Geschichte des Ortes weiterträgt und dem Haus eine neue Bedeutung gibt
So entstand nicht nur Wohnraum, sondern ein Stück neue Ortsmitte – ein Ort, der wieder genutzt, belebt und wertgeschätzt wird.
Gute Architektur wirkt – auch leise.
Ein Gebäude wie der Westerwälder Hof zeigt: Sozialer Wohnungsbau ist mehr als eine Quadratmeterzahl. Er kann Teil des öffentlichen Lebens sein. Teil der Identität eines Ortes. Und Ausdruck von Verantwortung – gegenüber Menschen und ihrer Umgebung.
Fazit
Sozialer Wohnungsbau mit Charakter ist möglich. Er braucht mehr als Richtlinien – er braucht Haltung, kreative Lösungen und den Mut, mehr zu wollen als nur Funktion.
Fries Architekten entwickelt Wohnbauprojekte, die zeigen: Auch mit kleinem Budget kann man Großes gestalten.